
Gottéron siegt in der Hauptstadt
Im heutigen Spiel ging es um alles oder nichts. Und am Ende des Abends hatte Gottéron alles und Bern nichts. Berns Saison ist beendet, während dem Gottéron die Halbfinalserie gegen den HC Lausanne bestreiten wird. Dieser chronologische Bericht zeigt auf, wie die Partie im zweiten Drittel plötzlich zu Gunsten der Freiburger gekippt ist.
„Kämpfä bis zum Ändi“, so die Berner Fans auf einem Transparent vor Beginn der Partie. Wohl auf dass das Ende der Saison noch möglichst lange heraus geschoben werden soll. Und dazu brauchte es am heutigen Abend zwingend einen Sieg. Der Berner Coach Jussi Tapola vertraute auf das gleiche Line up wie am letzten Montag in Freiburg. Die Stimmung in der wiederum ausverkauften Postfinance Arena war von Beginn weg grossartig.
Und auch der SCB schien den Tarif von Beginn weg durchgeben zu wollen. Es dauerte fast vier Minuten bis Gottéron ein erstes Mal im Berner Verteidigungsdrittel auftauchte. Allerdings nur, weil Bern in Unterzahl geraten war. Doch auch in Überzahl vermochte Gottéron nicht zu überzeugen und spielte sich keine wirkliche Chance heraus. Auch Bern verzeichnete zwar in diesem ersten Drittel nicht viele Schüsse aufs Freiburger Tor, dominierte die Partie aber über weite Strecken deutlich.
Gegen Ende des ersten Drittels kamen dann auch die Freiburger zu einigen Chancen, die vom Berner Torhüter Philip Wüthrich aber pariert werden konnten. Es war eine äusserst flüssige Partie ohne viele Unterbrechungen. Das Powerbreak (dann, wenn die TV-Stationen Werbung einspielen), das typischerweise rund 11 Minuten von Schluss eines Drittels kommt, fand erst 2:13 vor Ende des ersten Drittels statt.
Fazit zum Ende des ersten Drittels war also: 0:0, Bern war überlegen und Freiburg hatte einige gefährliche Nadelstiche setzen können. Und insgesamt wirkten die Berner frischer. Das sah auch der SCB-Stürmer Simon Moser so. „Wir kamen besser aus der Kabine, hatten mehr Scheibenbesitz und waren schneller. Wir brachten allerdings keine wirkliche Gefahr vors Tor.“ In der 26. Minute ging Gottéron in Führung. Dave Sutter hatte von der blauen Linie geschossen und Daniel Ljunggren lenkte die Scheibe für den Berner Torhüter unhaltbar zum 0:1 ab. In dieser Phase offenbarte sich wie so oft in dieser Serie die Berner Schwäche, einen Überlegenheit auch in Tore umzumünzen.
Und so kam es wie es kommen musste. Gottéron nutzte eine weitere seiner Chancen und erhöhte auf 0:2 . Yannick Rathgeb hatte getroffen. Und für Bern kam’s noch schlimmer. Nur wenige Momente später erhöhte Gottéron nochmal, dieses Mal durch Maximilian Streule. Folglich stand es 0:3. Ohne dass sich das wirklich abgezeichnet hatte, kippte die Partie zu Gunsten der Freiburger. Oder um es mit zwei Binsenwahrheiten aus dem Sport zu umschreiben. Machst du keins, kriegst du eins. Unter Experten ist man sich zudem einiger, dass „nach jedem Tor irgendetwas passiert“. Hier waren drei Tore passiert und irgendwie passierte danach nichts. Oder um es mit dem äusserst ehrlichen Simon Moser zu sagen. „Doch es ist etwas passiert, wir wurden schlechter. In solchen Situationen müsste man einfach weiter spielen und in den eigenen Game-Plan vertrauen. Das müssen wir irgendwie lernen.“
Egal mit wem man in der zweiten Drittelspause sprach, man war sich einig. Das wird schwierig. Der SCB hatte nach den Gegentoren keine Reaktion gezeigt. Womit dem Chronisten unweigerlich wieder der Satz des einen Zuschauers in den Sinn kam, der heute selbstverständlich auch wieder da war. „Mehr geht offenbar nicht“.
Fangesänge hallten trotzdem noch durch die Arena. Auf Freiburger Seite waren es Gesänge, die den Sieg feiern sollten. Und auf Berner Seite wollte man sich die Stimmung nicht ganz verderben lassen und besang wohl das Zusammensein. Wobei die Berner Fans schon ab und an etwas ihrem Umut eine Stimme gaben. „Mir wei gseh, üse SCB“. Womit die Fans deutlich machten, dass eigentlich mehr möglich sein sollte. Aber eben: wir erinnern uns nochmal an unseren Zuschauer. Mehr geht offenbar nicht. Zumindest heute Abend nicht.
Jussi Tapola griff bereits über 10 Minuten vor Schluss zur ultimativen Massnahme und nahm seinen Torhüter vom Feld, um ihn durch einen sechsten Feldspieler zu ersetzen. Nach über einer Minute Überzahlspiel ohne wirkliches Powerplay fiel es dann doch noch. Das erste Berner Tor. Simon Moser hatte getroffen. Wer sonst, ist man versucht zu sagen. Doch dazu weiter unten mehr. Die Berner Fans sangen in diesen Momenten wieder lauter.
Als die Berner gut vier Minuten vor Ende in Unterzahl gerieten, verliessen die ersten Zuschauerinnen und Zuschauer die Arena. Der Glaube an eine Wende in letzter Minute war verfolgen. Philipp Wüthrich wurde zwar wieder aus seinem Tor beordert, um mindestens mit 5 gegen 5 Feldspielern antreten zu können. Knapp drei Minuten vor dem Ende kam sie dann, die definitive Siegsicherung für Gottéron. Jakob Lilja erzielte das 1:4.
Lars Leuenberger, der Coach von Gottéron hatte wieder in seiner Spezialdisziplin reüssiert. Ein Team, das nicht funktioniert, aufzurichten. Genau so wie ihm das mit dem SC Bern im Jahr 2016 gelungen war, als er den SCB von Rang 8 nach der Qualifikation zum Meistertitel coachte. Leuenberger hat Gottéron kurz vor Weihnachten in einem damals desolaten Zustand übernommen und hat das Team nur Tage später zum Spengler Cup Sieg geführt.
Und jetzt setzt er sich in Spiel Nummer 7 gegen den Favoriten aus Bern durch. In einem 7. Spiel, in dem nicht viele daran glaubten, dass Leuenberger seine Mannschaft wieder aufrichten würde. Leuenberger hat es geschafft. Einmal mehr. Die Geschichte wiederholt sich für ihn. Es wird interessant sein zu beobachten wie weit der Freiburger Weg noch gehen wird. Gegen Lausanne, das gegen Langnau auch über 7 Spiele gehen musste, sind die Freiburger Chancen jedenfalls intakt.
Lars Leuenberger wurde jedenfalls noch auf der Grossleinwand gezeigt. Sein dezentes Lächeln dürfte sinnbildlich dafür gewesen sein, wie viel ihm der heutige Sieg bedeutet. Seine Gedanken werden indes schon beim nächsten Spiel, bei der Halbfinalserie gewesen sein. Auf der anderen Seite der Emotionen konnte Simon Moser, der vorbildlich kämpfende Stürmer des SCB nach dem Spiel nur bestätigen, dass es ein bitterer Abend gewesen ist. „Ja, sehr bitter. Die Saison ist zu Ende. Was bleibt, sind viel Frustrationen und viele Fragen“. Eine der Fragen dürfte sein, warum man es in den sieben Spielen jeweils nicht geschafft hat, auf Rückschläge zu reagieren. „Heute hat Gottéron schlauer gespielt“, meinte Moser. Und damit das Weiterkommen verdient.
An dieser Stelle sei Simon Mosers langjährige Leistung gewürdigt. Der 36-jährige setzt sich nach wie vor mit allem was er hat für sein Team ein. Und dass er heute das einzige Tor der Berner erzielt hat, ist definitiv kein Zufall. Moser hat noch einen Vertrag bis 2026. Er ist der Typ Spieler, der auf und bestimmt auch neben dem Eis eine sehr wichtige Rolle für das Team hat. Und Moser ist der Mann, der – wie heute – den Journalisten auch in den bitteren Momenten Red und Antwort steht. Insofern ist Simon Moser eine sehr wichtige Stütze jener Mannschaft, vor die sich der Berner Coach Jussi Tapola nach dem Spiel stellte. „Ich bin stolz auf die Jungs. Wir waren 3. nach der Regular Season.“
Tapola hatte nach dem Spiel seinen Spielern eine positive Message mitgegeben. „Das eine sind die Siege und hier ist es uns nicht gelungen, genügend Siege zu erringen. Anderseits hatten wir einen grossartigen Teamspirit. Und wir haben einen Schritt in die richtige Richtung gemacht“. Weitere werden folgen müssen. Nachdem die Verantwortlichen des SCB die abgelaufene Saison sorgfältig analysiert haben werden.
Und zum Schluss noch ein Hinweis in eigener Sache: eishockey-online.ch wird morgen vom dritten Playoff Finalspiel der SCB Frauen gegen den EV Zug berichten. Die SCB Frauen können am Donnerstag zu Hause den Meistertitel erringen. Und wir bleiben selbstverständlich auch an den weiteren Playoffs bei den Herren dran.
Best Player
SC Bern: Simon Moser
Gottéron: Dave Sutter
SC Bern – HC Fribourg Gottéron 1:4 (0:0 |0:3| 1:1)
Stand in der Serie: 3:4 Gottéron für die Halbfinals qualifiziert
Tore:
0:1| 26.| Daniel Ljunggren (Sutter, Nicolet)
0:2| 33.| Yannick Rathgeb (Gunderson, Sörensen)
0:3| 36.| Maximilian Streule (Sörensen, Schmid)
1:3| 52.| Simon Moser (Lehmann, Baumgartner)
1:4 |58.| Jakob Lilja (Streule)
Zuschauer:
17’031 Zuschauer (ausverkauft)
Postfinance Arena, Bern
Foto: justpictures.ch